Der Gästeführer kommt übers Smartphone

Stellen Sie sich vor, Sie nehmen an einer Stadtführung teil. Sie sind mitten in der Stadt, Autos fahren an, Menschen reden, ein Musikant spielt. Ihren Guide hören Sie nicht. Für das Problem gibt es eine Lösung: Smart Streaming.

Die Anwendung kann bei geführten Stadttouren eingesetzt werden. Der Anbieter braucht nur ein einziges Gerät, die Smartbox für den Stadtbilderklärer. Das digitale Empfangsgerät bringen die Gäste selbst mit, ihr Smartphone. Auch große Gruppen – in lauter Umgebung – können so die Erklärungen verstehen.

Die Smart Streaming Solutions Voicetra GmbH stellte eine Weiterentwicklung vor. Die im Tourismus bewährte analoge Funk-Gruppenführung wird digital. Damit können die Gäste ihr Smartphone zum Empfang nutzen. Die Potsdamer Firma ist durch diese Erfindung heute technologisch führend. Besonders stolz sind die Unternehmer auf den Übertragungsalgorithmus, durch den die Sprache des Erklärers praktisch synchron zur Lippenbewegung auf dem Handy ankommt. Ihre Technologie, die Waves im W-Lan schnell zu machen, ist zum Patent angemeldet. Über Internet gäbe es mehrere Sekunden Verzögerung. Außerdem gibt es nicht überall Internet.
Das W-Lan der Smartbox erreicht die Gäste auch auf hoher See, in der Wildnis oder in Katakomben – und das in hoher Sprachqualität. Die Besonderheit bei der Neugründung ist, dass bereits eine Menge unternehmerisches Knowhow vorhanden ist. „Wir verfügen über ein gutes Produkt, für das wir uns neue Märkte erschließen wollen“, sagt Ulrich Berger. Er ist Seriengründer und CEO mehrerer unter dem Label „Guiding-Goup“ gemeinsam am Tourismus-Markt auftretender Gesellschaften und Spiritus Rectus der Potsdamer Neugründung. Smart Streaming hat sich im Tourismus bewährt. Aber funktioniert das auch für andere Branchen? CEO und Co-Founder Dr. Johannes Matthias ist davon überzeugt, dass Märkte dafür da sind. Als erstes will er Messe- und Kongressveranstalter als Kunden werben. Um in den neuen Geschäftsfeldern präsenter zu sein, hat er Ulrich Berger die Gründung der eigenen GmbH für Smart Streaming empfohlen.

Ulrich Berger ist Österreicher und seit Anfang der 1990er in Ostdeutschland zu Hause. „Ich habe mich gleich nach dem Abitur selbstständig gemacht und fünf Firmen gegründet, die alle noch existieren“, berichtet er. Seine größte Aufgabe sollte jedoch der Aufbau der Guiding-Group werden. Wie so oft im Leben spielte der Zufall eine Rolle. Von der Stadt Weimar wurde er als Sales- & Marketing Manager für das Kulturstadtjahr Weimar 1999 verpflichtet. Seine Aufgabe war die touristische Vermarktung des Kulturangebotes der Stadt und als Sahnehäubchen wollte er den Touristen einen Audioguide bieten. Weimar war dann die erste Stadt mit einer flexibel nutzbaren Audioguide-Führung, basierend auf der Technik von Schnurlos-Telefonen. Die Gäste konnten sich an den einzelnen Stationen einwählen und Informationen in acht Sprachen erhalten.

Die erste Geschäftsidee war geboren. Berger erstellte fortan komplette Stadtführungen, die im Internet abgerufen werden können. Viele Städte nutzten das Angebot, zum Beispiel war Potsdam von Beginn an dabei. Das Unternehmen bietet dafür alles aus einer Hand: Text, Sprache und technische Umsetzung. „Die größte Herausforderung dabei ist, Künstler und IT-Experten in einer Firma zu vereinen. Das erfordert viel Expertise. Es gibt heute dafür sogar einen Studiengang für Mensch-Maschine-Interaction“, erzählt Ulrich Berger.

Geschäftsidee Nummer zwei sind die Live-Führungen mit Stadtbilderklärer. Diese Technik wird von der Guiding-Group auch auf Kreuzfahrtschiffen eingesetzt. Die Unternehmensgruppe ist in diesem Segment weltweit aktiv und hat bereits große Reedereien als Kunden gewonnen. „Wir haben die Tür aufgestoßen und werden dieses Feld weiter ausbauen. Die Echtzeit-Übertragung von Sprache ist unser Alleinstellungsmerkmal“, sagt Geschäftsführer Dr. Johannes Matthias. Natürlich ist der Einbruch durch die Corona-Krise spürbar. Matthias will trotzdem auch jetzt Schiffe ausrüsten. Er hat ein Mietmodell entwickelt, bei dem die Bezahlung des Systems an die Auslastung gekoppelt ist. Mit einer Erholung der Branche rechnet er im 2. Halbjahr 2021. Durch Corona ergeben sich aber auch Chancen für die Smart-Streaming-Technologie, denn der Tourist benutzt jetzt lieber als zuvor sein eigenes Smartphone, weil dadurch keine Infektionsgefahr besteht.